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IVD-Produkte und ihre besonderen Anforderungen an bereitzustellende Informationen

Warum die ISO 18113-Normenreihe der ISO 20417 eine Nase voraus ist

Die mitgelieferten Informationen zu Medizinprodukten und insbesondere zu In-vitro-Diagnostika (IVD) sind essenziell, um eine sichere, effektive und regelkonforme Anwendung durch Fachpersonal sowie Endanwender zu gewährleisten. Klare, standardisierte und gut verständliche Produktinformationen tragen maßgeblich dazu bei, Risiken zu minimieren und den korrekten Gebrauch zu erleichtern.

Um eine konsistente und einheitliche Bereitstellung dieser Informationen sicherzustellen, wurden internationale Normen entwickelt, die spezifische Anforderungen an Kennzeichnung, Gebrauchsanweisungen und begleitende Dokumentation festlegen. Während die ISO 20417 allgemeine Vorgaben für die Bereitstellung von Informationen zu Medizinprodukten inklusive der IVD formuliert, geht die ISO 18113 mit ihren fünf Teilen noch einen entscheidenden Schritt weiter: Sie berücksichtigt die besonderen Eigenschaften von IVD-Produkten und adressiert deren spezifische Informationsanforderungen mit einem detaillierteren und zielgerichteten Ansatz.

Doch worin genau liegt der Vorteil der ISO 18113-Serie gegenüber der ISO 20417? Welche zusätzlichen Anforderungen stellt sie an die Hersteller von IVD-Produkten, und warum ist ihre Anwendung für diese Produktkategorie unverzichtbar?

Der Unterschied beginnt bereits in der Struktur

Die ISO 20417:2021 legt grundlegende Anforderungen an die Bereitstellung von Informationen für Medizinprodukte fest und berücksichtigt dabei auch die Vielfalt der Produkte und Anwender. Die Norm führt diese Unterschiede nahtlos in ihren Kapiteln aus und verweist zugleich auf spezifischere Normen, die für bestimmte Produktgruppen vorrangig herangezogen werden sollten.

Für In-vitro-Diagnostika existiert mit der ISO 18113-Normenreihe eine gezielte Ergänzung, die präzise Anforderungen an die Kennzeichnung und Bereitstellung von Informationen für diese Produktkategorie definiert. Diese Normenreihe ist in fünf Teile untergliedert, die auf verschiedene Arten von IVD-Produkten sowie für die unterschiedlichen Anwender  zugeschnitten ist. Werfen wir einen genaueren Blick darauf, welche Inhalte die ISO 18113-Serie zusätzlich für IVD-Produkte enthält.

Hier ist eine kurze Beschreibung der Normenteile:

ISO 18113-Serie

ISO 18113-1

Begriffe und allgemeine Anforderungen für die Kennzeichnung von IVD-Produkten

Dieser Teil dient als Grundlage und produktspezifischer Erweiterung zur ISO 20417 und bietet eine einheitliche Terminologie für die gesamte Normenreihe.

ISO 18113-2

In-vitro-diagnostische Reagenzien für den Gebrauch durch Fachpersonal

Die Norm gilt für Reagenzien, Kalibriermaterialien und Kontrollmaterialien sowie deren Zubehör, die für in-vitro-diagnostische Untersuchungen vorgesehen sind.

ISO 18113-3

Geräte für in-vitro-diagnostische Untersuchungen zum Gebrauch durch Fachpersonal

Hier werden Anforderungen für die Kennzeichnung und Gebrauchsanweisung von Geräten und deren Zubehör sowie für Ausrüstungen und Materialien für in-vitro-diagnostische Untersuchungen zum Gebrauch durch Fachpersonal beschrieben.

ISO 18113-4

Reagenzien für in-vitro-diagnostische Untersuchungen zur Eigenanwendung

Die Anforderungen für die Bereitstellung von Informationen für Kalibriermaterialien, Kontrollmaterialien und Zubehör, die für den Gebrauch mit In-vitro-Diagnostika für Untersuchungen zur Eigenanwendung vorgesehen sind, werden in diesem Teil aufgeführt.

ISO 18113-5

Geräte für in-vitro-diagnostische Untersuchungen zur Eigenanwendung

Hier sind die Anforderungen an die Bereitstellung von Informationen durch den Hersteller von Geräten und Ausrüstungen und deren Zubehör für in-vitro-diagnostische Untersuchungen zur Eigenanwendung festgelegt.

Die ISO 18113-Serie dient somit der standardisierten Bereitstellung relevanter Informationen für IVD-Produkte, angepasst an die jeweilige Produktart und die spezifischen Anforderungen der unterschiedlichen Anwendergruppen und die dem Hersteller eine leichte Auswahl der Norm ermöglicht.

Zusätzliche Anforderungen im Überblick

Im Folgenden ist ein Überblick über die wichtigsten Extras, die jeder Teil der ISO 18113-Serie für In-vitro-Diagnostika im Vergleich zur ISO 20417 mitbringt:

ISO 18113-1

Begriffe und allgemeine Anforderungen für die Kennzeichnung von IVD-Produkten

Dieser Teil der Norm definiert eine spezifische Terminologie für IVD-Produkte, die eine einheitliche und klare Kennzeichnung ermöglicht. Viele dieser Begriffe finden sich auch in der IVDR wieder, einige fehlen in der ISO 20417. Die ISO 18113-1 enthält spezifische Kennzeichnungsanforderungen für den IVD-Bereich, wie z. B. Hinweise zur Probenhandhabung und -vorbereitung sowie Informationen zur Testdurchführung, die in der ISO 20417 allgemeiner gehalten sind.

Im Anhang A stehen hilfreiche Erklärungen und Beispiele zu den einzelnen Leistungsmerkmalen – eine echte Unterstützung, um die Anforderungen besser zu verstehen.

Der Anhang ZA (informativ) beschreibt den Zusammenhang zwischen dieser Norm und den Sicherheits- und Leistungsanforderungen der Verordnung (EU) 2017/746 (Tabelle ZA.1 zeigt die Übereinstimmung mit Anhang I der Verordnung und berücksichtigt zudem wichtige Anforderungen wie Qualitäts- und Risikomanagement sowie Überwachungssysteme nach dem Inverkehrbringen. In Tabelle ZA.2 finden sich die Normen, die für die Konformitätsvermutung gemäß diesem Anhang relevant sind.).

ISO 18113-2

In-vitro-diagnostische Reagenzien für den Gebrauch durch Fachpersonal

In-vitro-diagnostische Reagenzien für den Gebrauch durch Fachpersonal erfordern klare und präzise Angaben zu Lagerungs-, Transport- und Handhabungsbedingungen, um die Stabilität von Reagenzien, Kalibratoren und Kontrollmaterialien zu gewährleisten. Das Untersuchungsprinzip, einschließlich Reaktionstyp und Nachweissystem, sollte verständlich beschrieben werden, um die Funktionsweise nachvollziehbar zu machen.

Für die Rückverfolgbarkeit von Kalibratoren und Kontrollmaterialien sind Informationen zu den zugewiesenen Werten, verwendeten Referenzmaterialien oder -verfahren sowie zulässigen Abweichungen zwischen Chargen erforderlich. Die Messunsicherheit kann als Wertebereich mit Vertrauensniveau dargestellt werden. Auch die Vorbereitung der Reagenzien, etwa durch Rekonstitution, Mischen, Inkubation oder Verdünnung, muss genau beschrieben werden.

Zusätzlich sind Angaben nach Anbruch des IVD zu Lagerbedingungen und Haltbarkeit notwendig, insbesondere, wenn diese von den Angaben auf dem Etikett abweichen. Ebenso sind Stabilität und Lagerbedingungen für Arbeitsreagenzien, Kalibratoren und Kontrollmaterialien zu beschreiben, sowie Informationen zur Leistungsfähigkeit des IVD-Reagenzes und zur Überprüfungsmöglichkeit bereitzustellen.

Die Interpretation der Ergebnisse sollte klare Kriterien enthalten, um festzustellen, ob ein Ergebnis akzeptabel ist oder nicht. Zudem sollten Informationen zu verwendeter Software oder Datenbanken sowie hilfreiche Hinweise zu möglichen weiteren Untersuchungen bereitgestellt werden. Zu unterscheiden sind die Leistungsmerkmale analytische, klinische Leistungsmerkmale sowie der Messintervall.

Für quantitative Verfahren sollten biologische Referenzbereiche zusammen mit der entsprechenden Referenzpopulation und relevanten Literaturquellen mit Übereinstimmung der verwendeten Einheiten mit denen der Untersuchungsergebnisse angegeben werden. Ergänzend können medizinische Entscheidungswerte zur besseren Einordnung der Ergebnisse mit aufgeführt werden.

Mögliche Einschränkungen des Prüfverfahrens sind zu berücksichtigen, etwa durch Störstoffe, ungeeignete Proben oder Faktoren, die das Ergebnis beeinflussen können. Maßnahmen zur Fehlervermeidung sollten ebenfalls benannt werden.

ISO 18113-3

Geräte für in-vitro-diagnostische Untersuchungen zum Gebrauch durch Fachpersonal

Neben den grundlegenden Vorgaben gibt es weitere Normen zu beachten, wie die IEC 61010-1, IEC 61010-2-101 und IEC 61326-26. Zusätzlich können in der Gebrauchsanweisung Fluss- und Blockdiagramme zur Instrumentenkonfiguration sowie hilfreiche Literaturhinweise enthalten sein.

Es sind Hinweise zum Auspacken, zur Vollständigkeitsprüfung und zur Kontrolle auf Transportschäden anzugeben. Vor der Installation sollte der Standort entsprechend vorbereitet werden, wobei Platzbedarf, technische Voraussetzungen, Abmessungen und Umgebungsbedingungen zu beachten sind.

Eine klare Schritt-für-Schritt-Anleitung sorgt für eine sichere und effiziente Nutzung des Geräts – von der Vorbereitung bis zur Ergebnisermittlung. Falls zur Interpretation der Ergebnisse spezielle Berechnungsmethoden, Software oder Datenbanken benötigt werden, sollten diese verständlich erläutert werden.

ISO 18113-4

Reagenzien für in-vitro-diagnostische Untersuchungen zur Eigenanwendung

Reagenzien für in-vitro-diagnostische Untersuchungen zur Eigenanwendung müssen auf allen Etiketten und in der Gebrauchsanweisung einheitlich gekennzeichnet werden. Jede Komponente eines Kits ist in allen Dokumentationen auf dieselbe Weise zu identifizieren. Enthält ein Kit verschiedene Komponenten mit unterschiedlichen Chargencodes, muss der auf der äußeren Verpackung angegebene Chargencode die Rückverfolgung des individuellen Chargencodes jeder Komponente aus den Produktionsaufzeichnungen des Herstellers ermöglichen.

Lagerbedingungen und Haltbarkeit nach Anbruch müssen angegeben werden, wenn sie von den auf der Verpackung genannten Bedingungen abweichen. Eine detaillierte Beschreibung des Prüfverfahrens, einschließlich Probenentnahme, Durchführung und Ergebnisdarstellung, ist bereitzustellen. Zudem müssen Informationen zur Art der zur Durchführung des Tests benötigten Probe (z. B. Speichel, Blut, Urin) vorliegen. Es ist die Haltbarkeitsdauer nach dem erstmaligen Öffnen des Behälters anzugeben, sofern sie von den auf dem Behälteretikett angegebenen Lagerbedingungen und der Haltbarkeitsdauer abweichen.

Die Bedeutung der Testergebnisse ist zu erklären, einschließlich möglicher Einflussfaktoren und entsprechender Handlungsempfehlungen. Es ist darauf hinzuweisen, dass medizinische Entscheidungen nicht ohne ärztliche Rücksprache getroffen werden sollten. Falls zutreffend, sind Referenzbereiche verständlich anzugeben und mit den verwendeten Messeinheiten abzustimmen. Etwaige Einschränkungen des Prüfverfahrens sind zu benennen.

ISO 18113-5

Geräte für in-vitro-diagnostische Untersuchungen zur Eigenanwendung

Referenziert wird zusätzliche auf die ISO 15197 und ISO 17593, in denen weitere Anforderungen an bereitzustellende Informationen stehen.

Es muss klar erkennbar sein, dass das Gerät für die Eigenanwendung gedacht ist. Wichtige Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahmen und mögliche Einschränkungen richten sich nach relevanten Normen wie ISO 14971, IEC 62366-1 und IEC 61326.

Auch hier muss bei der Lieferung darauf geachtet werden, dass alle Bestandteile vollständig und unbeschädigt sind. Vor der Nutzung sind hilfreiche Informationen zu benötigten Materialien, Bestellmöglichkeiten für Reagenzien und Verbrauchsmaterialien, die Art der zu verwendeten Primärproben und den besonderen Bedingungen zur Probennahme und Lagerung bereitzustellen.

Zur Qualitätssicherung sollten Verfahren zur Überprüfung der Spezifikationen des Geräts angegeben werden. Es wird auf die beschrieben Validierung von Kontrollmaßnahmen in der ISO 15198 verwiesen – dazu gehören unter anderem geeignete Kontrollmaterialien, empfohlene Prüffrequenzen und Hinweise zum Vorgehen bei Abweichungen.

Es sollten Handlungsempfehlungen gegeben werden, die mögliche Fehlinterpretationen der Untersuchungsergebnisse berücksichtigen. Zudem ist ein Hinweis wichtig, dass medizinische Entscheidungen nur in Absprache mit einem Arzt getroffen werden sollten.

In allen Teilen wird gefordert, dass einschlägige Literaturhinweise anzugeben sind. Die Gebrauchsanweisung muss mit Datum, Kennung und bei Überarbeitungen mit einer eindeutigen Angabe der Änderungen versehen sein.

Weitere nützliche Informationen bietet die von der EU-Kommission veröffentlichte Übersicht der Sprachanforderungen für Hersteller von Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika, siehe hier.

Fazit: Umfassende Diagnostik

Die ISO 18113-Serie ergänzt und präzisiert die allgemeinen Anforderungen der ISO 20417 für In-vitro-Diagnostika und berücksichtigt die speziellen Anforderungen für unterschiedliche Anwendungsbereiche.

Besonders hervorzuheben ist die spezifische Terminologie der ISO 18113-1, die eine umfassende Termini für IVD-Produkte schafft. Zudem enthält sie weitergehende Kennzeichnungsvorgaben für die Probenhandhabung und -vorbereitung sowie eine enge Verknüpfung mit der IVDR.

Die weiteren Normteile konkretisieren wesentliche Anforderungen zur Lagerung, Handhabung und Rückverfolgbarkeit von Reagenzien, Kalibratoren und Kontrollmaterialien. Zusätzlich definieren sie Detaillierungen zur Testdurchführung, zur Ergebnisauswertung und Interpretation sowie zur Qualitätssicherung. Auch die Berücksichtigung möglicher Fehlerquellen und Einschränkungen des Prüfverfahrens sind klar geregelt.

Für Geräte zur Fachanwendung und Eigenanwendung werden spezifische Sicherheits- und Leistungsanforderungen beschrieben, insbesondere hinsichtlich Kennzeichnung, Installation, Nutzung und Kontrollverfahren. Die Integration weiterer Normen, wie IEC 61010, ISO 14971 oder ISO 15198, stellt sicher, dass Qualitäts- und Risikomanagementaspekte umfassend berücksichtigt werden.

Zusammenfassend formuliert die ISO 18113-Serie detailliertere und fachspezifischere Anforderungen für IVD-Produkte als die ISO 20417. Die ISO 18113-Serie stellt somit eine essenzielle Ergänzung zur allgemeinen Produktkennzeichnung dar und unterstützt die Einhaltung regulatorischer Anforderungen im IVD-Bereich.

ISO 20417 vs. ISO 18113: Welche Norm gilt für Sie?

Die richtige Norm für Medizinprodukte und IVDs ist entscheidend für die Konformität. Lernen Sie die Unterschiede zwischen ISO 20417 und ISO 18113 kennen und stellen Sie sicher, dass Ihre Dokumentation alle regulatorischen Anforderungen erfüllt. Jetzt informieren!

Kontakt +49 451 808 503 60

 

Fachbeitrag von Birte Kappertz

Birte Kappertz ist Teil unseres vielköpfigen Teams aus Expertinnen und Experten.
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