Zweckbestimmung vs. bestimmungsgemäßer Gebrauch: Begriffe und Bedeutung
21. April 2021Die Zweckbestimmung ist der Kern des Medizinproduktes. Sie ist maßgeblich für die Einordnung als Medizinprodukt, die Klassifizierung und weitere Anforderungen, wie die klinische Bewertung, das Risikomanagement oder die Konformitätsbewertung, verantwortlich. Während der Entwicklung bildet sie somit die Grundlage für das Design des Medizinproduktes und die damit einhergehenden zu erfüllenden Anforderungen an die Sicherheit und Leistung.
Bedeutung und Konzept
Obwohl es sich um die elementare Information über ein Produkt handelt, gibt es verschiedene Definitionen und Auslegungen, welche zu Unsicherheiten im Umgang mit der Zweckbestimmung führen. Dieses ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die MDR die Zweckbestimmung (eng. intended purpose) in Ihren Begriffsbestimmungen als „Verwendung, für die das Produkt entsprechend den Angaben des Herstellers in der Etikettierung, der Gebrauchsanweisung und / oder dem Werbematerial bestimmt ist“ definiert - aber nicht explizit vorgibt, welche Angaben dieses beinhaltet. Ergänzend zur Zweckbestimmung wird im Text der MDR der „bestimmungsgemäße Gebrauch“ (eng. intended use) angeführt, aber nicht definiert oder abgegrenzt.
Unklarheit herrscht darüber, ob es sich dabei um Synonyme oder verschiedene Angaben handelt. Grundlage dafür sind fehlende bzw. unterschiedliche Definitionen über verschiedene Guidelines hinweg. Erschwerend kommt hinzu, dass die deutschen Übersetzungen nicht immer eins zu eins die englische Originalfassung spiegeln.
Zweckbestimmung: Unschärfe der Begriffe in der MDR und den Normen
Befürworter einer Trennung setzen die Zweckbestimmung in erster Linie mit der medizinischen Zweckbestimmung gleich, während der bestimmungsgemäße Gebrauch weitere Angaben, wie Art und Dauer der Anwendung, Anwender, Zielgruppe oder Nutzungsumgebung, enthält. Diese Annahme stützt sich auch auf die Relation, in die beide Begriffe in einigen Textstellen der MDR gebracht werden. In diesem Sinne grenzt die IEC 60601-1 Zweckbestimmung und bestimmungsgemäßen Gebrauch klar voneinander ab. In einem Dokument des NAKI aus 2018 wird auf das bekannte Problem der Unschärfe und der Überschneidung zwischen beiden Begriffe eingegangen. Dort heißt es, es habe sich in der Praxis bewährt, zwischen den Begriffen zu differenzieren und die Zweckbestimmung hauptsächlich im Kontext des medizinischem Zweck zu nutzen.
Zweckbestimmung und Bestimmungsgemäßer Gebrauch bilden das Herzstück jedes Medizinproduktes.
Die Formulierung und der Inhalt haben Auswirkung auf die Nutzen-Risikobewertung, die erforderlichen klinischen Daten, die Verifizierung und Validierung und auf die Vermarktung. Unsere Expertinnen und Experten behalten alle Schnittstellen im Blick und verbinden das Wissen um die regulatorischen Fallstricke mit dem Überblick über die Prozesse im Lebenszyklus. Und finden den besten Weg für Ihr Produkt.
Zweckbestimmung: Konzept in der EN ISO 14971
Im Gegensatz dazu unterscheidet die FDA nicht zwischen den Begriffen und definiert nur den intended use. Auch in der englischen Fassung der EN ISO 14971:2019 umfasst die Definition beide Begriffe, wobei die Anmerkung zur Definition Angaben wie Indikation, Zielgruppe, Nutzungsumgebung und Wirkprinzip als typische Elemente des bestimmungsgemäßen Gebrauchs benennt. In der deutschen Fassung wird in den Begriffserklärungen nur der Begriff Zweckbestimmung verwendet. Damit übereinstimmend werden beide Begriffe im MDCG Dokument 2020:6, welches Begriffe definiert, die zwar in der MDR verwendet aber nicht erläutert werden, gleichgesetzt. Die Angaben der MDCG sind zwar nicht rechtlich bindend, allerdings wird eine Umsetzung der Inhalte gemeinhin erwartet, so dass die Gleichsetzung beider Begriffe prinzipiell als korrekt anzusehen ist.
Auswirkungen auf den Lebenszyklus
Jedoch ist fraglich, ob das immer sinnvoll ist. Werden alle Informationen, die zum bestimmungsgemäßen Gebrauch zählen, in die Zweckbestimmung aufgenommen, führt dieses zu sehr langen und detaillierten Angaben. Kleinere Änderungen können dann bereits zu einem veränderten Wortlaut der Zweckbestimmung führen. Über die Zeit kann dies größere Differenzen im Vergleich zur Urfassung verursachen. Dieses erhöht gleichzeitig die Gefahr, Inkonsistenzen innerhalb der Dokumentation zu erzeugen. Darüber hinaus ist die Angabe der Zweckbestimmung mit allen Details nicht überall möglich oder sinnvoll. Ein Beispiel dafür ist die Angabe der Zweckbestimmung auf der Konformitätserklärung. Nachteilig kann die Form der Zweckbestimmung, die alle Angaben des bestimmungsgemäßen Gebrauchs enthält, ebenfalls dann sein, wenn mehrere verwandte Produkte gruppiert werden sollen.
Zweckdienliche Zweckbestimmungen – mehr als nur eine Definition
Zusammenfassend bleibt hier weiter ein Interpretationsspielraum erhalten und jeder Hersteller sollte abhängig vom Produkt entscheiden, welche Vorgehensweise die sinnvollste ist.
Wichtig für den Hersteller ist vor allem, dass die Zweckbestimmung frühzeitig in der Entwicklung definiert wird, da sie die Grundlage für alle weiteren Entwicklungsaktivitäten, aber auch für die Phase nach dem Markteintritt bildet. qtec kann Sie auf diesem Weg begleiten mit einem breiten Erfahrungsschatz und individuellen Lösungen für Ihre Fragen und Problemstellungen.
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