Zulassung von Medizinprodukten in Japan
Ein Blick hinter die Kulissen für einen erfolgreichen Eintritt in den japanischen Markt
Japan ist der zweitgrößte Markt für Medizinprodukte auf der Welt und bietet Herstellern viele Potentiale. Jedoch stellt die dortige Produktzulassung eine besondere Herausforderung dar, unter anderem aufgrund der japanischen Sprache und des komplexen Zulassungsprozesses. Dazu zählen neben der Ernennung des Market Authorization Holders (MAH) die Registrierung von Produktionsstätten und die Erfüllung des MHLW Ordinance No. 169. Dabei gilt: Je nach der Risikoklasse des Medizinprodukts unterscheidet sich der Zulassungsprozess.
Der regulatorische Rahmen für Medizinprodukte wird durch das im Jahr 2014 novellierte Gesetz für Arzneimittel und Medizinprodukte, bekannt als "Pharmaceutical and Medical Devices Act" (PMD Act) oder "PMD Law", sowie durch zahlreiche Kontrollbestimmungen festgelegt.
Erfahren Sie hier, welche Anforderung für Ihr Medizinprodukt in Japan gelten und wie diese zu erreichen sind.
Allgemeine Informationen
Japanische Behörden, die für den Marktzugang von Medizinprodukten zuständig sind, umfassen das Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales, bekannt als das "Ministry of Health, Labour and Welfare" (MHLW), sowie die japanische Zulassungsbehörde für Arzneimittel und Medizinprodukte, bekannt als "Pharmaceuticals and Medical Devices Agency" (PMDA).
Die PMDA ist speziell für die Regulierung von Arzneimitteln und Medizinprodukten zuständig und spielt eine wichtige Rolle bei der Bewertung von Sicherheit und Wirksamkeit sowie bei der Zulassung neuer Produkte auf dem japanischen Markt.
Die Zusammenarbeit zwischen dem MHLW und der PMDA ist entscheidend für einen reibungslosen und effizienten Marktzugang für Medizinprodukte in Japan, wobei beide Behörden jeweils spezifische Aufgaben und Verantwortlichkeiten haben. Das MHLW verantwortet den gesamten regulatorischen Bereich wohingegen der PMDA unter anderem für die Produktüberpüfung und Marktüberwachung zuständig ist.
Weitere Informationen zur MHLW finden Sie hier: Information Available in English|Ministry of Health, Labour and Welfare|Government of Japan|厚生労働省 (mhlw.go.jp)
Auf ihrer Internetseite bietet die PMDA eine englischsprachige Version an, auf der verschiedene Regularien, Listen von zugelassenen Produkten, Neuigkeiten usw. abgerufen werden können: https://www.pmda.go.jp/english/index.html
Klassifizierung von Medizinprodukten in Japan
Die Zulassung und die regulatorische Strategie für ein bestimmtes Medizinprodukt hängen maßgeblich von seiner Risikoklasse ab, ähnlich wie bei anderen regulatorischen Systemen.
In Japan werden Medizinprodukte in vier verschiedene Risikoklassen eingeteilt: Klasse I, II, III und IV. Klasse I-Produkte haben das geringste Risiko, während Klasse IV-Produkte das höchste Risiko aufweisen.
In-vitro-Diagnostika werden in drei Risikoklassen eingeteilt: Klasse I, II und III, wobei das Risiko von Klasse I-Produkten zu Klasse III-Produkten zunimmt.
Das Klassifizierungssystem in Japan ähnelt dem in den USA, da es auch in Japan Datenbanken gibt, die eine große Anzahl von Produkten und definierte Produktkategorien bestimmten Risikoklassen zuordnen. Die entsprechende Regelung stammt aus dem Jahr 2004 und wird als Yakushoku Notification Nr. 0720022 bezeichnet.
Die Zuordnung eines Produkts zu einem bestimmten Produktcode und seiner zugehörigen Risikoklasse erfolgt mithilfe der "Japanese Medical Device Nomenclature (JMDN)": https://www.std.pmda.go.jp/stdDB/index_en.html
Für jede Produktkategorie und -klasse gelten spezifische "Certification standards", "Approval standards" oder "Review Guidelines".
Seit 2009 wurde das System erweitert, um die folgenden Produkte zu unterscheiden:
- "generic devices" (auch bekannt als "me too" Produkte, die im Wesentlichen bereits vorhandenen Produkten ähneln)
- "improved devices" (Produkte, die zwar vorhandenen Produkten ähneln, aber nicht neuartig genug sind, um als "new" eingestuft zu werden)
- "new devices" (neuartige Produkte, die in keiner Weise ähnlich auf dem Markt vorhanden sind; die Neuartigkeit kann sich auf Zweckbestimmung, Technologie, Wirkprinzip usw. beziehen)
Der Zulassungspfad sowie der Zulassungsaufwand ist von der Risikoklasse und der Einstufung in einen der drei Kategorien abhängig.
Notification
Medizinprodukte oder In-vitro-Diagnostika der Klasse I, die mit einem extrem geringen Risiko für den menschlichen Körper verbunden sind (auf Englisch "extremely low risk to the human body", auch bekannt als "general medical devices"), erfordern kein formales Zulassungsverfahren bei der PMDA. Stattdessen wird eine "Notification" (auch "Self declaration" genannt, auf Japanisch "Todokede"), bei der Agentur durchgeführt. Die Notifzizierung erfolgt durch den lokalen Repräsentanten (auf Englisch: "Marketing Authorization Holder" oder "Designated Marketing Authorization Holder").
Dieser reicht bei der Behörde Angaben zum Hersteller, allgemeine Angaben zum Medizinprodukt und die japanische Gebrauchsanweisung ein.
Pre-market certification
Die "Pre-market certification" (auf Japanisch "Ninsho") wird für die meisten Medizinprodukte der Klasse II sowie für In-vitro-Diagnostika der Klasse II angewendet und inzwischen auch für einige Produkte der Klasse III.
Produkte der Klasse II werden auch als "Controlled Medical Devices" bezeichnet und sind in der Regel mit einem geringen bis mäßigen Risiko verbunden.
Für einen Großteil dieser Produkte existieren Standards, die als "Japanese Industrial Standards (JIS)" bekannt sind, weshalb sie auch als "specified controlled devices" bezeichnet werden. Die JIS sind oft nationale Versionen internationaler ISO-Normen.
Im Rahmen des Pre-market certification Prozesses werden diese Standards auch als "Certification standards" bezeichnet.
Medizinprodukte, die diese Anforderungen erfüllen werden von akkreditierten Stellen („Registered Certification Body“ oder „RCB“) in Japan geprüft.
Pre-market approval
Der Zulassungsprozess des "Pre-market approval" (auf Japanisch "Shonin") gilt für die meisten Medizinprodukte der Klasse III sowie für Produkte (einschließlich IVD) der Klasse II, für die es keine Certification Standards gibt, und für alle Produkte der Klasse IV.
Produkte der Klasse III und IV werden auch als "Specially Controlled Medical Devices" bezeichnet und sind in der Regel mit einem hohen bis sehr hohen Risiko verbunden.
Die Bewertung der Konformität mit den regulatorischen Anforderungen (Approval Standards/Criteria, Review Guidelines) erfolgt nicht mehr durch eine unabhängige Drittparteien-Zertifizierungsstelle, sondern direkt durch die Zulassungsbehörde MHLW.
Im Rahmen des Pre-market-Approval-Verfahrens wird die Konformität mit den sogenannten "Approval Standards" und den "Review Guidelines" der PDMA überprüft und bewertet.
Die Einreichungsdokumentation ist eine technischen Dokumentation im STED-Format. Für Produkte die als „new“ oder „improved“, bei dem die Sicherheit und Wirksamkeit durch nicht-klinische Nachweise nicht erbracht werden können, eingestuft werden muss zusätzlich eine klinische Studie eingereicht werden.
Lokaler Repräsentant – MAH / DMAH
Ausländische Hersteller benötigen in Japan einen lokalen Repräsentanten. Dieser ist in Japan entweder der "Marketing Authorization Holder - MAH" oder der „Designated Marketing Authorization Holder – DMAH“. Im Vergleich zum MAH ist der DMAH nicht der Lizenzhalter des registrierten Produktes. Auch kann für Klasse I Medizinprodukte kein DMAH ernannt werden. Der MAH/DMAH benötigt eine registrierte Geschäftsadresse in Japan und trägt die volle Verantwortung für zugelassene Produkte.
Die Verpflichtungen eines MAH oder DMAH umfassen:
- Niederlassungsadresse in Japan
- Erfüllung der Organisations- und Personalanforderungen gemäß MHLW-Verordnungen
- Beantragung und Aufrechterhaltung der Produktzulassung
- Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems gemäß MHLW-Verordnung Nr. 169
- Marktüberwachung und Vigilanz
Unabhängig davon, ob ein MAH oder DMAH im Zulassungsantrag benannt wird, müssen die Produktionsstätten im Voraus registriert werden. Die Registrierung erfolgt bei inländischen Präfekturen oder direkt bei der PMDA für ausländische Herstellungsstätten.
Erfüllung der Anforderungen an das Qualitätsmanagementsystems
Neben der Produktregistrierung müssen Hersteller die Anforderungen an das Qualitätsmanagementsystem erfüllen. Diese sind in der Verordnung MHLW Ministry Ordinance Nr. 169 festgelegt.
Im Jahr 2021 wurde die MHLW Ministerial Ordinance No. 169 revidiert und in Einklang mit den Anforderungen der ISO 13485:2016 gebracht. Zusätzlich sind nationale Anforderungen in Kapitel 3 zusammengefasst wie z.B. Anforderungen an den MAH (Artikel 66) oder die Meldung von unerwünschten Ereignissen (Artikel 69). Die Anforderungen der novellierten Verordnung sind bis zum 25. März 2024 umzusetzen.
Für die Erfüllung dieser Anforderungen stellt der Hersteller einen Antrag auf eine QMS-Inspektion bei der Behörde oder beim RCB. Nach der Durchführung des Audits mit anschließender Konformitätsbewertung wird das JIS Q 13485 Zertifikat ausgestellt. Diese verfügt über eine Gültigkeit von drei Jahren.
Da Japan Teil des Medical Device Single Audit Programs (MDSAP) ist, kann der Hersteller sich alternativ durch dieses Programm zertifizieren lassen. Eine QMS-Inspektion durch die Behörde bzw. den RCB wäre in diesem Fall dann nicht erforderlich.
Post-Market Phase
Nach dem Erhalt des Zertifikats kann das japanische Labeling finalisiert werden. Das Beifügen des japanischen Labeling ist vor dem Inverkehrbringen erforderlich. Neben der japanischen Sprachanforderungen muss unter anderem der Importeur angegeben werden. Die Anforderungen an das Labeling sind im PMD Act Artikel 63 definiert. Eine Option ist, dass das Labeling im Lagerhaus in Japan angebracht wird.
Die Verpflichtungen bezüglich der Marktüberwachung ergeben sich hauptsächlich aus den Anforderungen der Ministerial Ordinance Nr. 135/2004 - GVP Good Vigilance Practice.
Die Datensammlung zur Sicherheit von Medizinprodukten erfolgt durch ein obligatorisches Beschwerde- und Rückmeldungsmanagement sowie durch Reparatur- und Service-Informationen. Zusätzlich werden relevante Informationen von der Industrie, der Wissenschaft und den Anwendern bereitgestellt.
Der "Safety Manager" ist für die fristgerechte Meldung und Bewertung von Vorkommnissen mit Medizinprodukten verantwortlich und koordiniert die erforderlichen Schritte zur Risikobewertung. Abhängig von der Schwere des Vorfalls muss der MAH innerhalb von 15 Tagen (bei schweren Vorkommnissen) oder 30 Tagen (bei nicht-kritischen Vorkommnissen) eine Meldung an die PMDA vornehmen.
Produktänderungen müssen je nach Art entweder gemeldet (Minor Change Notification – MCN) oder genehmigt (Partial Change Amendment – PCA) werden.