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Kostenerstattung von Medizinprodukten

23. August 2021

Dieser Beitrag erläutert den Einfluss des Einsatzortes, der rechtlichen Vorbehalte, des Vertriebsweges und der rechtlichen Anforderungen auf die Kostenerstattung von Medizinprodukten. Diese hängen zum Teil voneinander ab.

Wie werden die Kosten von Medizinprodukten in Deutschland erstattet?

Einsatzorte von Medizinprodukten

Zur Beantwortung der Frage im Titel ist zunächst der Einsatzort des Medizinproduktes zu betrachten. Medizinprodukte können im Krankenhaus, in einer Praxis oder im häuslichen Umfeld eingesetzt werden.

Krankenhaus oder Praxis

Wird das Medizinprodukt in einer Praxis oder einem Krankenhaus eingesetzt, so handelt es sich um Investitionsgüter oder Verbrauchsmaterialien. Diese werden zunächst vom Betreiber bezahlt1, der die medizinischen Leistungen für den Patienten erbringt. Er rechnet seine Leistungen gegenüber der (gesetzlichen)2 Krankenkasse des Patienten ab. Diese Abrechnungen enthalten auch die (anteiligen) Kosten der erforderlichen Investitionen und Verbrauchsmaterialien. Diese Medizinprodukte können bei allen Patienten eingesetzt werden, wo dies medizinisch geboten ist und mit der Zweckbestimmung des Produktes übereinstimmt. Die Patienten müssen insbesondere vorher nicht namentlich bekannt sein.

Häusliche Sphäre

Wird das Medizinprodukt als Sachleistung oder Hilfsmittel in der privaten Sphäre der Patienten eingesetzt, so wird es dem Patienten leihweise oder dauerhaft durch einen Vertragspartner der gesetzlichen Krankenkasse zur Verfügung gestellt. Die Abgabe erfolgt für namentlich bekannte Patienten durch Verordnung eines Arztes. Die Vertragspartner bezahlen dann auch die Produkte an den Hersteller (oder Händler). Die Kosten müssen die gesetzlichen Krankenkassen tragen.

Welche Vorbehalte kennt das Recht für Medizinprodukte?

Das Recht unterscheidet zwischen Verbots- und Erlaubnisvorbehalten bei dem Einsatz von Medizinprodukten am Patienten. An diese Vorbehalte ist der Arzt - unter Berücksichtigung seiner Therapiefreiheit - insbesondere unter dem Aspekt Kostenerstattung gebunden.

Verbotsvorbehalt

Im Fall des Einsatzes in einer Praxis oder Krankenhaus als Verbrauchsmaterial oder Investitionsgut gilt der sogenannte Verbotsvorbehalt3 (BVMed, 2014) nach §137 c SGB (Sozial-Gesetzbuch V). Es können alle Medizinprodukte eingesetzt werden, solange der Einsatz nicht verboten ist und sie gemäß ihrer Zweckbestimmung eingesetzt werden.

Erlaubnisvorbehalt

Im Fall der Sachleistungen und Hilfsmittel gilt (primär für gesetzlich Versicherte) der Erlaubnisvorbehalt nach § 33 SGB V. Alle erlaubten Hilfsmittel sind im Hilfsmittelkatalog gemäß § 130 SBG V gelistet. Dieser Hilfsmittelkatalog wird vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen erstellt und gepflegt. In Einzelfällen kann von diesem Hilfsmittelkatalog abgewichen werden.

 

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Vertriebswege von Medizinprodukten

Abgabe an Fachanwender

Medizinprodukte, insbesondere höherer Risikoklassen, werden direkt vom Hersteller, dem Importeur oder Händlern vertrieben, die für den Vertrieb qualifiziert und registriert sind. Diese geben ihre Produkte nur an Fachanwender weiter und sorgen für die Einweisung in die Anwendung dieser Produkte.

Abgabe über Partner der Krankenkassen

Für die Anwendung dieses Vertriebsweges ist eine Verordnung des Produktes für einen namentlich bekannten Patienten durch einen Arzt erforderlich. Die Abgabe des Produktes an den Patienten erfolgt über Leistungserbringer, wie z.B. Sanitätshäuser, Optiker und Hörgeräte-Akustiker. Der Anspruch des Patienten besteht gegenüber der Krankenkasse auf eine Sachleistung in Form des Medizinproduktes, nicht aber darauf, einen Kaufvertrag mit dem Leistungserbringer abzuschließen und den Kaufpreis erstattet zu bekommen (Hartmann Rechtsanwälte, 2015). Die Krankenkasse hat in der Regel mit den Leistungserbringern Versorgungs-Verträge abgeschlossen. Bei Optikern und Hörgeräte-Akustikern hat der Patient ein Wahlrecht, bei anderen Produkten, etwa Geräten für die Therapie der Schlaf-Apnoe gibt die Krankasse vor, wer die Versorgung übernimmt.

Außer den Hilfsmitteln können auch digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) ärztlich verordnet werden.

Die digitalen Gesundheitsanwendungen sind Medizinprodukte der Klassen I oder IIa. Für sie gelten besondere Regelungen, z.B. das Digitale-Versorgungs-Gesetz und § 33a SGB V (Bundesinstitut für Arzenimittel und Medizinprodukte, o. J.). Die Bezahlung erfolgt nach Verordnung durch einen Arzt 4. Sie unterliegt prinzipiell dem Erlaubnisvorbehalt, der jedoch nicht über den Hilfsmittelkatalog, sondern über das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen gemäß § 139e SGB V geregelt wird.

Abgabe an Laien

Einfach zu handhabende Medizinprodukte der Risikoklasse I können von Laien über Händler oder Apotheken auf eigene Kosten bezogen werden. Beispiele dafür sind ein Blutdruckmessgerät für das Handgelenk oder den Oberarm oder SmartWatches mit Messungen des Pulses, der Sauerstoff-Sättigung des Blutes oder des EKGs.

Rechtliche Anforderungen

Generelle Anforderungen

Alle Medizinprodukte müssen das CE-Zeichen zum Nachweis der Konformität mit den Anforderungen an ein Medizinprodukt tragen, damit diese auf dem Markt angeboten werden können. Dies gilt immer und überall.

Spezielle Anforderungen

Für die Erstattung von Medizinprodukten gelten weiterhin spezielle Anforderungen.

Etablierte Produkte

Die verordneten Hilfsmittel und digitalen Gesundheitsanwendungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich für die Gesundheitsversorgung sein. Sie müssen also im Rahmen einer anerkannten Therapie oder Behandlungsmethode eingesetzt werden.

Produkte für neuartige Verfahren

Neuartige Behandlungsverfahren müssen ein Verfahren beim Gemeinsamen Bundesausschuss (GB-A) durchlaufen, der über den Nachweis des medizinischen Nutzens und der Wirtschaftlichkeit entscheidet. Dabei können auch neuartige Medizinprodukte Teil des neuartigen Behandlungsverfahrens sein. Das neuartige Verfahren wird bei positivem Votum zusammen mit den erforderlichen Hilfsmitteln dann in die entsprechenden Verzeichnisse aufgenommen. Dadurch entsteht die Pflicht zur Kostentragung durch gesetzliche Krankenkassen.

Rechtsrahmen

Die anwendbaren gesetzlichen Regelungen finden sich in der Europäischen Medizinprodukteverordnung (EU 2017/745) 5, dem Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) und den zugehörigen Verordnungen, insbesondere der Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV) und der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV). Die Kostentragungspflicht ist im Sozialgesetzbuch V (SGB-V) geregelt.


Verweise

  1. Dabei kann noch ein Händler als Mittler auftreten, der dann Vertragspartner der Hersteller wird.
  2. Bei privaten Versicherten wird dieser zunächst die Rechnung bezahlen und sich die Kosten dann von seiner Versicherung (bei Beamten teilweise auch durch Beihilfe) erstatten lassen.
  3. §137 c SGB
  4. DiGA-Verzeichnis
  5. Hier wird zum Teil noch der alte Rechtsrahmen der Kombination aus Medizinprodukte-Richtlinie 93/42 EWG besprochen und auf den neuen Rechtsrahmen der Medizinprodukte-Verordnung hingewiesen, der ab 26. Mai 2021 gültig wird. Allerdings sind noch nicht alle Verordnungen in einer Neufassung erschienen, die zur Umsetzung des deutschen Rechts erforderlich sind. Insofern wird auch auf geltende Verordnungen zum Medizinproduktegesetze MPG Bezug genommen.

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