Klinische Bewertung von Brillen
Rechtsrahmen
Sowohl verschreibungspflichtige als auch nicht verschreibungspflichtige Brillen gelten im Rechtsrahmen der Verordnung (EU) 2017/745 als Medizinprodukte. Sonnenbrillen dagegen gelten als persönliche Ausrüstung. Medizinprodukte benötigen unabhängig von ihrer Risikoklasse eine klinische Bewertung als Teil ihrer technischen Dokumentation. Das heißt, dass ihre Hersteller gemäß Artikel 61 und Anhang XIV, Teil A der Verordnung (EU) 2017/745 eine klinische Bewertung planen, durchführen und dokumentieren müssen.
Vor allem Hersteller, die ihre Medizinprodukte unter der Medizinprodukterichtlinie in einer OEM/PLM-Konstellation vermarktet haben, sollten die regulatorischen Anforderungen genau überprüfen.
Weitere Informationen dazu finden Sie in unserem Blogbeitrag:
Klinischer Bewertungsprozess
Brillen gelten in der Regel als bewährte Technologien (siehe MDCG 2020-6). Solche Produkte haben folgende Eigenschaften gemeinsam:
- relativ einfache, verbreitete und stabile Konstruktionen mit wenig Weiterentwicklung
- ihre generische Produktgruppe verfügt über eine bekannte Sicherheit und wurde in der Vergangenheit nicht mit Sicherheitsproblemen in Verbindung gebracht,
- Hilfsmittel mit geringer Weiterentwicklung der Indikationen und des Stands der Technik verfügen standardmäßig über bekannte klinische Leistungsmerkmale und
- eine lange Geschichte auf dem Markt.
Üblicherweise werden für solche Produkte keine klinischen Prüfungen oder klinischen Nachbeobachtungen nach dem Inverkehrbringen benötigt, da sie auf bewährten Technologien basieren, wenig Weiterentwicklung erfahren und eine lange Geschichte auf dem Markt haben. Ihre Erfüllung der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen kann mittels vorklinischer und proaktiv erhobener Daten über die Überwachung nach dem Inverkehrbringen nachgewiesen werden. Zusätzlich dazu müssen Hersteller eine Literaturrecherche durchführen, die sowohl Produkte auf dem gleichen Stand der Technik als auch ähnliche Produkte umfasst.
Die Literaturrecherche zum Stand der Technik wird im Hinblick auf den allgemeinen Stand der Technik, den klinischen Hintergrund, alternative und moderne Technologien einschließlich zugehöriger Sicherheits- und Leistungsaspekte durchgeführt.
Ähnliche Produkte werden auf mögliche Sicherheits- und Leistungsbedenken hin untersucht und um die Parameter zu bestätigen, an denen die Akzeptanz des Risiko-Nutzen-Verhältnisses für die Zweckbestimmung der bewerteten Produkte festgemacht wird.
Der erste Schritt in der klinischen Bewertung ist die Planung ihrer Durchführung. Die relevanten Daten müssen identifiziert und anschließend ausgewertet werden. Als nächster Schritt folgt die Analyse der klinischen Daten und schlussendlich das Verfassen des Berichts über die klinische Bewertung. Die untenstehende Abbildung gibt eine Übersicht über den klinischen Bewertungsprozess.
- Zu den vorklinischen Daten gehören Testergebnisse in verschiedenen Bereichen wie der Biokompatibilität, Biomechanik, Tierversuchen etc.. Je niedriger die Risikoklasse des Medizinprodukts, desto mehr vorklinische Evidenz sollte aufgezeigt werden.
- Klinische Daten können beispielsweise aus der wissenschaftlichen Literatur oder der Überwachung nach dem Inverkehrbringen entnommen werden.
Häufige Herausforderungen in der klinischen Bewertung von Brillen
Die häufigste Herausforderung ist die zeitgerechte Planung der klinischen Bewertung. Der Bericht über die klinische Bewertung ist das letzte Dokument, das im Rahmen der technischen Dokumentation erstellt wird. Alle anderen Dokumente sollten daher bereits vorher verfügbar gemacht werden. Entsprechend sollten alle vorklinischen Tests und die proaktive Erhebung der Daten über die Überwachung nach dem Inverkehrbringen erfolgen, bevor mit der Erstellung des Berichts über die klinische Bewertung begonnen wird.
Hersteller sollten ihre Produkte umfassend testen, um deren Übereinstimmung mit den (harmonisierten) Normen und ggf. gemeinsamen Spezifikationen nachzuweisen. Auch die proaktive Erhebung der Daten über die Überwachung nach dem Inverkehrbringen und die Erstellung der technischen Dokumentation muss rechtzeitig erfolgen.
Ein Mangel (eigener) klinischer Daten für Brillen wirkt sich oft problematisch auf den Übergang auf die Medizinprodukteverordnung aus. Da viele dieser Produkte jedoch bereits sehr lange Zeit quasi unverändert auf dem Markt sind, können Daten aus der Markterfahrung den Ansatz der bewährten Technologie unterstützen.
qtec kann Sie mit folgenden Leistungen unterstützen:
qtec could help you with the following:
- Verfassen des gesamten Berichts über die klinische Bewertung, inklusive Plan für die klinische Bewertung und Literaturrecherche.
- Erstellung einer Strategie für die klinische Bewertung für Ihr Unternehmen.
- Entwicklung einer Vorlage für den Bericht über die klinische Bewertung für Ihr Unternehmen.
- Erstellung einer Lückenanalyse eines bestehenden Berichts über die klinische Bewertung.
- Entwicklung einer Standardarbeitsanweisung für Ihr Team zur Zusammenstellung klinischer Daten und zur Aktualisierung des Berichts über die klinische Bewertung.
- Aktualisierung eines bestehenden Berichts über die klinische Bewertung.