
IVDR: Software - das unterschätzte Risiko
1. April 2020
Während die IVDD Software noch eher stiefmütterlich behandelt hat, gibt es unter IVDR jetzt konkrete Forderungen an Software. Doch nur weil die Software im Gesundheitswesen eingesetzt wird, ist sie nicht automatisch ein IVD. Die globale Vernetzung und die ständige Verfügbarkeit bietet dabei neue Chancen in der Art der Datenanalyse, aber auch Herausforderungen für den Hersteller dieser Technologie.
Ein Feld, welches sich in den letzten Jahren sehr rasant weiterentwickelt hat, ist die DNA-Analyse. Ob für die Diagnose von Erbkrankheiten, zur Arzneimittelentwicklung, für kriminaltechnische Ermittlungen oder der immer beliebter werdenden Stammbaumanalyse, durch den technologischen Fortschritt sinken die Kosten stetig und die Anwendungsgebiete werden vielfältiger. Um die über zwei Meter langen DNA-Stränge analysieren und interpretieren zu können, sind Hochleistungsrechner und eigens dafür entwickelte Software erforderlich.
Die DNA-Analyse ist umgeben von IVDs?
Zur Analyse der DNA muss eine Probe aus dem menschlichen Körper abgegeben werden. In einem Labor wird die Probe mittels Wasch- und Pufferlösungen aufbereitet, damit die DNA extrahiert werden kann. Für die Sequenzierung kommen heute computergestützte Geräte zum Einsatz, bei denen eine eingebundene Software Teil des IVDs ist. Eine eigens dafür entwickelte Software wird herangezogen, um die sequenzierte DNA zu analysieren und mit einem Standard abzugleichen. Dabei kann eine selbst entwickelte Software zum Einsatz kommen oder eine gekaufte Software. Im Anschluss wird über eine entsprechende Filterung und mit Hilfe von öffentlichen und nicht-öffentlichen Datenbanken abgeglichen, ob gefundene Variationen für die Art der Diagnose relevant sind.
Zuerst einmal muss festgestellt werden, ob es sich bei der Software überhaupt um ein Produkt handelt, welches in den Anwendungsbereich der IVDR fällt. Wie immer ist hierbei zu allererst die Zweckbestimmung maßgeblich..
Die IVDR unterscheidet zwischen Software für IVD, für medizinische Zwecke und für allgemeine Zwecke. Wenn die Zweckbestimmung bzw. die
Verwendung der Software die Kriterien eines IVD erfüllt, ist sie entsprechend zu klassifizieren. Eine wesentliche Entscheidungshilfe stellt das am 11. Oktober 2019 veröffentliche Dokument MDCG 2019-11 dar.
Die neue Leitlinie hilft bei der Einschätzung, ob das Software-Produkt als IVD einzustufen ist und dementsprechend konformitätsbewertet werden muss. Sofern dies der Fall ist, gelten neben den Anforderungen an das Qualitätsmanagementsystem noch zusätzliche Anforderungen an die Verifizierung und Validierung der Software-Lebenszyklusprozesse, Interoperabilität, Risikomanagement, Laufzeitumgebung, mobile Plattformen, IT-Sicherheit, Unique Device Identification (UDI) und die Dokumentation.
Klassifizierung von IVD-Software?
Wenn klar ist, dass die IVDR zur Anwendung kommt, muss noch mittels der Klassifizierungsregeln entschieden werden, welcher Risikoklasse die Software zugeordnet wird.
Hierbei wird es ähnlich wie bei Stand-Alone Software, welche unter die MDR fallen, auch unter der IVDR für IVD-Software Produkte zu einer Höherklassifizierung kommen. Eine Klassifizierung als Risikoklasse A ist praktisch nicht möglich.
Gibt es auch hier eine Verlängerung der Übergangsfrist?
Im Gegensatz zur MDR führt das zweite Corrigendum zur IVDR vom 27. Dezember 2019 nicht zu einer verlängerten Übergangsfrist für Produkte, die unter der neuen Verordnung eine Einbindung einer Benannten Stelle erfordern. Stichtag ist und bleibt damit für diese Produkte der 26. Mai 2022. Dies gilt nicht nur für neu in Verkehr gebrachte Produkte, sondern auch für bereits auf dem Markt zugelassene Produkte. Der Übergangszeitraum von 5 Jahren endet am 26. Mai 2022. Hoffen auf Bestandsschutz ist also keine Option.