Unsere Experten-Videoreihe: Runde 3
Wir als stetig wachsendes Unternehmen gehen mit der Zeit. Wir agieren mit Weitblick und stehen als Ihr starker Partner im Bereich der Medizintechnik an Ihrer Seite. Um Sie an unserem Erfahrungs- und Wissensschatz teilhaben zu lassen, haben wir unsere Experten-Videoreihe ins Leben gerufen. Im Rahmen dieser Reihe haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, Sie in die Welt von MDR, klinischer Bewertung und Co mitzunehmen und Ihnen die wichtigsten Themenfelder in Hinblick auf die Zulassung von Medizinprodukten anschaulich und verständlich zu erläutern. In unserer letzten Folge sprachen wir darüber, dass klinische Daten zum Nachweis von Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten gebraucht werden – und natürlich auch zum Nachweis des Nutzens dieser Medizinprodukte. In unserem heutigen Interview steigen wir noch weiter und tiefer in die Materie der klinischen Daten ein: Aus welchen Quellen stammen sie? Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Ähnlichkeit und Äquivalenz? Was gibt es an veröffentlichten, unveröffentlichten Quellen? Und wie sind diese Quellen in ihrer Gewichtung zu betrachten?
Unser Expertenteam
Prof. Michael Imhoff
Prof. Michael Imhoff ist Chirurg und Intensivmediziner. Er hat lange Zeit als Oberarzt eine Intensivstation geleitet und sich über Statistiken medizinischer Informatik und Statistik habilitiert. Er arbeitet seit langer Zeit als freiberuflicher Autor klinischer Bewertungen und ist der Medical Clinical Director von qtec.
Dr. Jens-Uwe Hagenah
Dr. Jens-Uwe Hagenah ist promovierter Physiker und hat über 30 Jahre bei einem norddeutschen Medizinprodukte-Hersteller in den Bereichen Entwicklung und Clinical Affairs gearbeitet. In den vergangenen 10 Jahren war er für klinische Bewertungen und die zugehörigen Prozesse verantwortlich.
Welche Quellen kann ich für klinische Daten nutzen?
Genau diese Frage – und noch viele weitere – beantworten wir Ihnen in unserem dritten Interview. Sie möchten endlich in die Welt der klinischen Daten und Co eintauchen? Unser drittes Experten-Video sehen Sie hier:
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Mehr InformationenKonnten Sie nicht allen Ausführungen folgen oder sind Sie bezüglich einiger Begrifflichkeiten unsicher? Kein Problem. Hier finden Sie das Interview zwischen Prof. Dr. Imhoff und Dr. Jens-Uwe Hagenah zum Nachlesen:
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Schönen guten Tag, meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie zu der dritten Folge unseres Videocasts über klinische Bewertungen und die darin verwandten klinischen Daten. In unserer letzten Folge hatten wir darüber gesprochen, dass klinische Daten zum Nachweis von Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten gebraucht werden und natürlich auch zum Nachweis des Nutzens dieser Medizinprodukte. Wir hatten darüber gesprochen, dass sie im Rahmen der Erhebung des state of the art eingesetzt werden und natürlich auch für das Produkt selber. Wir hatten uns gefragt, welche Arten von klinischen Nachweisen es gibt und dabei unter anderem auch darüber gesprochen, dass es neben den klinischen Daten auch die präklinischen Daten gibt – und dass diese auch eine wichtige Rolle spielen. Heute wollen wir uns vertiefen in die Frage der klinischen Daten: Aus welchen Quellen stammen sie? Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Ähnlichkeit und Äquivalenz? Was gibt es an veröffentlichten, unveröffentlichten Quellen? Dazu begrüße ich Michael Imhoff: Hallo Michael.
Prof. Michael Imhoff: Hallo Jens-Uwe.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Ich freue mich, dass wir heute wieder die Gelegenheit haben, ein bisschen Licht in das Dunkel zu bringen. Die Frage heute: Welche Quellen kann ich denn für klinische Daten nutzen? Und welche kann ich eigentlich verwenden? Woher können die denn eigentlich stammen, Michael?
Prof. Michael Imhoff: Grundsätzlich – das hatten wir beim letzten mal auch schon kurz erwähnt – sind klinische Daten im Rahmen der Konformitätsbewertung oder klinischen Bewertung Daten, die bei der klinischen Anwendung des eigenen Produktes, äquivalenter oder ähnlicher Produkte, also im Rahmen der Anwendung eines Medizinproduktes, erhoben werden. Wie auch immer – das kann eine Studie sein, das kann eine reine Beobachtung sein, das können Vigilanzdaten sein. Das sind die klinischen Daten, über die wir reden – und werden heute eben auch mal schauen, wo wir sie herbekommen können.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Du sagtest ähnlich und äquivalent – klingt erst mal fast gleich. Aber dazwischen besteht ja ein großer Unterschied. Die Frage, was äquivalente Daten sind, hat die Europäische Union extra nochmal in einer Guideline besprochen. Das heißt, es scheint eine wichtige Frage zu sein. Was ist denn nun tatsächlich ein ähnliches, was ein äquivalentes Gerät?
Prof. Michael Imhoff: Ein äquivalentes Gerät – lass und damit anfangen, weil es zwar im Nachweis sehr viel anstrengender ist, aber im Verständnis sehr viel einfacher – ist im Prinzip ein Produkt, was praktisch identisch ist mit dem Produkt, das ich selbst bewerte. Dr. Jens-Uwe Hagenah: Identisch heißt an dieser Stelle, ich habe den gleichen klinischen Einsatz? Wenn ich es als Implantat habe, werde ich es auf gleichem Wege implantieren? Ist das etwas, was da betrachtet wird?
Prof. Michael Imhoff: Das gehört dazu – also die gleiche Zweckbestimmung, die gleichen Indikationen, die gleiche Anwendungsform oder zum Beispiel bei Implantaten hieße das, wenn ich Äquivalenz nachweisen will, auch das gleiche Fertigungsverfahren, die gleichen, praktisch identischen Eigenschaften, der gleiche Produktionsprozess. Da sieht man schon, dass man bei solchen Produkten extrem tief in die Technische Dokumentation eintauchen muss, um dann die Äquivalenz nachweisen zu können.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Heißt das dann auch, dass ich über das Produkt, das äquivalent zu meinem ist, sehr weitreichende Informationen haben muss? Was ist, wenn es von einem anderen Hersteller kommt? Dann kann ich ja nicht einfach ans Werkstor klopfen und sagen, ich würde mal gerne in die Technische Dokumentation gucken.
Prof. Michael Imhoff: Sagen wir mal so: Ich muss zuerst ans Werkstor klopfen, aber das reicht nicht. Ich muss dann, wenn das Werkstor geöffnet werden sollte, einen Vertrag mit dem potenziellen Konkurrenten abschließen, dass er mir vollständigen und zeitlich unbegrenzten Zugang zur Technischen Dokumentation dieses Produktes, mit dem ich Äquivalenz nachweisen will, ermöglicht – was denke ich, im Regelfall sehr unwahrscheinlich ist. Es sei denn, es gibt eine Situation, wo beide Hersteller ein gleichgeartetes Interesse haben, gegenseitig Äquivalenz nachweisen zu können.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Würde das dann einschließen, dass auch die jeweiligen Benannten Stellen Einsicht in diese Dokumentation von dem anderen Hersteller bekämen?
Prof. Michael Imhoff: Die rechtliche Frage ist mir nicht klar. Rein faktisch würde ich sagen: Ja! Und damit glaube ich haben wir dann – ohne das ich Jurist bin – wieder ein rechtliches Problem.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Das kann also ziemlich schwierig werden.
Prof. Michael Imhoff: Davon kann man ausgehen.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Bei meinen eigenen Produkten wäre Äquivalenz aber nicht so schwierig nachzuweisen, weil ich mir selber natürlich in die Dokumentation gucken kann?
Prof. Michael Imhoff: Das sollte der Fall sein. Ich gehe auch davon aus, dass bei Produkten, bei denen dieses gefordert wird – das sind in erster Linie Klasse Ⅲ-Produkte und Implantate – das man da wirklich auch eine entsprechend tiefe Dokumentation hat. Schwierig könnte es natürlich sein, wenn man irgendwelche Zuliefer-Teile hat, von denen man keine vollständige Dokumentation hat. Unter der MDR ist es ja nun aber so, dass ich von dem Zulieferer kompletten Zugang zu dessen Dokumentation für meine Zuliefer-Teile haben muss.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Beinhaltet das dann auch, dass ich sagen kann, ich kann mir von einem Produkt – auch von meinem eigenen Produkt – die eine Eigenschaft nehmen und von einem anderen Produkt die andere Eigenschaft und das kombiniere ich dann in einem dritten?
Prof. Michael Imhoff: Also wenn du das möchtest, solltest du nach Amerika gehen. Bei der FDA-Zulassung ist das nach wie vor in engen Grenzen möglich. Unter der MDR – und auch schon vorher unter der MEDDEF 271 Revision 4 – ist dies explizit ausgeschlossen. Es müssen alle Eigenschaften in einem Produkt komplett nachgewiesen werden. Wobei man natürlich auch mehr als ein Produkt äquivalent heranziehen kann. Aber in jedem dieser Produkte oder für jedes dieser Produkte müssen jeweils alle Eigenschaften nachgewiesen werden.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Das heißt dann klinisch identisch, technisch identisch und biologisch identisch?
Prof. Michael Imhoff: Korrekt.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Okay, das ist eine ziemlich hohe Hürde. Wie sieht es denn bei den ähnlichen Produkten aus?
Prof. Michael Imhoff: Bei den ähnlichen Produkten ist es so, dass dort der Rahmen sehr viel weiter ist. Das heißt, man soll natürlich eine vergleichbare Zweckbestimmung, eine vergleichbare Indikationsstellung haben, das Funktionsprinzip sollte vergleichbar sein, aber eben diese ganz präzise, diese komplette Übereinstimmung in vielen Aspekten, die ist nicht erforderlich. Wenn ich sage, ein Beatmungsgerät von Hersteller A oder ein Beatmungsgerät von Hersteller B machen beide das Gleiche, sie haben beide den gleichen Indikationsbereich, den gleichen Patientenbereich, dann kommt man relativ schnell dazu, dass man sagen kann: Okay, diese Produkte sind vergleichbar, sind similar devices. Und da brauche ich dann auch keine Nachweise, die wirklich in die Tiefe der Technischen Dokumentation gehen.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Weil ein Problem, das mit dem anderen Gerät aufgetaucht ist, auch bei meinem auftauchen könnte? Ähnlichkeit also näher beim Nachweisen der Sicherheit des Produktes und nicht so sehr Nachweise zur Leistungssicherheit?
Prof. Michael Imhoff: Richtig. Es ist ja so, dass ich mit den ähnlichen Produkten eigentlich zwei Dinge erreichen will: Zum einen möchte ich den Stand der Technik, der klinischen Anwendung darlegen. Ich sage, dass ist das, was in der Praxis etabliert ist, dass ist das, was anerkannt funktioniert – und damit vergleiche ich mich. Das zweite ist, ich suche – wie du eben schon richtig sagtest – nach Hinweisen darauf, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Je weiter ich die Ähnlichkeit fasse, desto eher bestrafe ich mich ja selbst damit, dass ich zu sensitiv werde in meiner Suche und das hinterher weg argumentieren muss. Insofern, da spricht meiner Meinung nach und auch aus unser bisherigen Erfahrung mit Rückmeldungen von Benannten Stellen, nichts dagegen, die Ähnlichkeit relativ weit zu fassen.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: In dem Moment, wo ich Daten für den state of the art brauche – den Stand der Technik – da ist Ähnlichkeit ja sowieso vorgegeben, weil ich häufig über eine bestimmte medizinische Anwendung spreche, die auf verschiedene Arten und Weisen realisiert werden kann, wenn ich von Medizinprodukten rede?
Prof. Michael Imhoff: Richtig. Oder ich habe eben eine Reihe von Produkten, die im Prinzip sehr ähnlich, similar sind. Ein Beispiel, um mal wieder auf Implantate zu kommen: Wenn ich mir verschiedene Schulterprothesen mit dem gleichen Funktionsprinzip anschaue, dann kann man sagen, alle Produkte auf dem Markt sind ähnlich, auch wenn sie unter Umständen unterschiedliche Materialeigenschaften haben. Aber ihr biomechanisches Prinzip, ihre Indikationsströme und so weiter und so fort sind die gleichen. Somit kann man sagen, dass sind Repräsentanten des technischen und des klinischen Stands der Technik.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Und woher kriege ich das jetzt? Aus welchen Quellen kann ich mich denn da bedienen? Muss ich mich beschränken auf Daten, die von Verlagen veröffentlicht sind, die also tatsächlich publiziert und über eine ISBN oder andere Dinge verfügbar sind? Oder gibt es weitere Daten, die ich dann auch heranziehen sollte, die eben nicht von einem Verlag kommen, die aber veröffentlicht sind – bis hin zu Dingen, die mehr so grau sind oder gar nicht der Öffentlichkeit zugänglich sind, aber mir als Hersteller zugänglich sind. Auf was kann ich denn da so alles stoßen?
Prof. Michael Imhoff: Auf alles. Lass uns mal anfangen mit dem, was bei den meisten Medizinprodukten eine der beiden wichtigsten Quellen klinischer Daten ist: das ist die Literatur. Und da gucken wir eben danach, was finden wir in der Literatur an Artikeln über mein Produkt, ähnliche Produkte, die Anwendung und so weiter und so fort. In so genannten „Peer review journals“, also Journalen, die einen gewissen Qualitätsstandard haben, die in den entsprechenden Datenbanken indiziert und somit auch zu finden sind, gibt es verschiedene Arten von Literaturstellen. Zum einen sind das die Originalartikel, das heißt, ich habe hier eine klinische Studie zu einer bestimmten Fragestellung mit einem bestimmten Medizinprodukt. Das können das unterschiedliche Arten von Studien sein – darüber können wir ja vielleicht später noch reden –, die in ihrer Wertigkeit unterschiedlich gewichtet werden. Eine zweite große Gruppe sind die Übersichtsarbeiten, da vor allem die systematischen Übersichtsarbeiten (systematic reviews), das hieße Metaanalysen, allgemeine systematische Reviews ...
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Systematische Reviews heißt, man legt vorher ein Konzept fest, nach dem man in der Literatur suchen will, nimmt dann alles, was man gefunden hat und wird es anschließend danach filtern, ob es denn zum Thema passt oder nicht?
Prof. Michael Imhoff: Richtig.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Es ist also eher unverzerrt, ist das richtig?
Prof. Michael Imhoff: Das ist das Ziel. Vorreiter ist dort die Cochrane Organisation und deren Handbuch. Wenn du mehr über systematische Reviews lernen möchtest – und auch alles lernen möchtest, was du nicht lernen möchtest – dann ist das Cochrane Handbuch eigentlich die Bibel der systematischen Reviews. Dort ist sehr ausführlich und sehr sehr gut beschrieben, was eine gute Methodik, was eine gute Standardmethodik zur Erstellung von systematischen Reviews und Metaanalysen ist.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Und Literaturübersichten würden einen solchen Aufwand nicht betreiben? Denn bei Cochrane ist ja zum Beispiel auch die Zweitbegutachtung einer jeden gefundenen Literaturstelle nicht nur durch den Autor selber, sondern durch eine zweite Person vorgesehen und, wenn sie zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, auch noch einen dritten hinzuzuziehen. Solche Dinge stehen bei Cochrane drin. Das wäre in einer „einfachen Literaturübersicht“, die von einem einzigen Autor stammt, so nicht der Fall?
Prof. Michael Imhoff: Grundsätzlich hast du vollkommen recht. Man kann davon ausgehen, dass systematische Literaturreviews, die in führenden Journalen publiziert sind, durchaus – auch wenn es keine Cochrane Reviews sind – den Grundanforderungen der Cochrane Reviews entsprechen, soweit das bei der Fragestellung möglich ist. Es gibt dann – und das muss man ganz klar differenzieren – die nicht systematischen, wie ich auch häufig sage, die narrativen Reviews. Das sind Reviews, die eben aus der Sicht des Verfassers, der Autorinnen oder Autoren, geschrieben sind und wo die Literatur nicht nach systematischen Kriterien, sondern nach den Kriterien des Autors ausgewählt wurden. Das können auch qualitativ sehr hochwertige Reviews sein, allerdings erfüllen sie eben nicht die Anforderungen an ein systematisches Review. Solche Reviews sind aber oft sehr hilfreich, vor allen Dingen, wenn sie aktuell sind, um den Stand der Technik darzulegen, um auch erst mal, wenn man mit dem Thema anfängt, einen guten Einstieg in das Thema zu finden.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Das würde mir ja auch ein Lehrbuch liefern, oder?
Prof. Michael Imhoff: Richtig. Lehrbücher sind eigentlich noch umfassender. Sie haben einen ganz großen Nachteil, dass sie bis zu ihrer Drucklegung oder bis zu ihrer elektronischen Veröffentlichung einen sehr langen Vorlauf haben. Das heißt, sie repräsentieren häufig nicht den allerneuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis. Auf der anderen Seite haben Lehrbücher den Vorteil, das sie eben Lehrbücher sind, so dass ich sagen kann, das, was in dem Lehrbuch steht, davon kann ich ausgehen, dass das der Anwender in der täglichen Praxis weiß. Das heißt, ein aktuelles Lehrbuch gibt mir einen Hinweis darauf, was ich von meinem Anwender, der in diesem Fachbereich arbeitet, an Grundlagenwissen erwarten kann. Ein Beispiel: Wenn ich jetzt ein Lehrbuch zur Beatmung oder zur Intensivmedizin habe, dann ist es so, was da an Wirkung und Nebenwirkungen der Beatmung beschrieben ist, da kann ich davon ausgehen, dass mein Anwender, von dem ich erwarte, dass er in der Intensivmedizin versiert ist, das auch kennt. Was in einem aktuellen Review steht heißt nicht, dass das der durchschnittliche Anwender auch weiß.Dr. Jens-Uwe Hagenah: Das würde mir ja auch ein Lehrbuch liefern, oder?
Prof. Michael Imhoff: Richtig. Lehrbücher sind eigentlich noch umfassender. Sie haben einen ganz großen Nachteil, dass sie bis zu ihrer Drucklegung oder bis zu ihrer elektronischen Veröffentlichung einen sehr langen Vorlauf haben. Das heißt, sie repräsentieren häufig nicht den allerneuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis. Auf der anderen Seite haben Lehrbücher den Vorteil, das sie eben Lehrbücher sind, so dass ich sagen kann, das, was in dem Lehrbuch steht, davon kann ich ausgehen, dass das der Anwender in der täglichen Praxis weiß. Das heißt, ein aktuelles Lehrbuch gibt mir einen Hinweis darauf, was ich von meinem Anwender, der in diesem Fachbereich arbeitet, an Grundlagenwissen erwarten kann. Ein Beispiel: Wenn ich jetzt ein Lehrbuch zur Beatmung oder zur Intensivmedizin habe, dann ist es so, was da an Wirkung und Nebenwirkungen der Beatmung beschrieben ist, da kann ich davon ausgehen, dass mein Anwender, von dem ich erwarte, dass er in der Intensivmedizin versiert ist, das auch kennt. Was in einem aktuellen Review steht heißt nicht, dass das der durchschnittliche Anwender auch weiß.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Und wie passen jetzt in dieses Spektrum so etwas wie Empfehlungen von Fachgesellschaften?
Prof. Michael Imhoff: Empfehlungen von Fachgesellschaften sind eigentlich noch besser in manchen Fragestellungen als Lehrbücher. Sie haben, im Gegensatz zu Lehrbüchern, einen mittlerweile recht stark normativen Charakter auf die klinische Praxis. Das heißt, wenn ich jetzt eine hochwertige Leitlinie von einer führenden Fachgesellschaft habe, dann kann ich davon ausgehen, dass im Regelfall eine Behandlung oder eine Diagnostik entsprechend dieser Leitlinie stattfindet. Nehmen wir als Beispiel die Behandlung von Nierensteinen. Dort gibt es weltweit drei aktuelle Leitlinien, nämlich von der europäischen Gesellschaft für Urologie, der amerikanischen Gesellschaft für Urologie und der japanischen Gesellschaft für Urologie. Alle drei schreiben – und das auch bewusst – direkt voneinander ab, so dass man sagen kann, der weltweite Standard der Behandlung von Nierensteinen ist durch diese drei Leitlinien, die im Wortlaut fast gleich sind, dokumentiert. Und ich kann als Medizingerätehersteller sagen, das wird das Feld sein, wenn ich in diesem Bereich tätig bin, wo mein Gerät eingesetzt wird.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Das heißt, die würden in einer klinischen Bewertung auch eine wichtige Rolle spielen?
Prof. Michael Imhoff: Richtig. Sie definieren den klinischen Stand der Technik für eben dieses Fragestellung.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Neben dem, was Verlage veröffentlichen – wenn wir auch mal die Fachgesellschaften mit in diesen Bereich hereinnehmen bei einer solchen Veröffentlichung, da diese Leitlinien ja auch häufig in Journalen erscheinen – daneben gibt es ja noch Unveröffentlichte. Wo kann ich mich denn da noch bedienen?
Prof. Michael Imhoff: Also es gibt Veröffentlichte, die aber nicht über Verlage veröffentlicht sind, das ist ein sehr schönes Beispiel auch für die Leitlinien. Es gibt Leitlinien, die gleichzeitig auf den Websites der jeweiligen Fachgesellschaften erscheinen und in einem der Journale der Fachgesellschaften – das heißt, die meisten Fachgesellschaften halten sich ja ihre eigenen Journale, wo sie auch zum Beispiel ihre Gesellschaftsmitteilungen veröffentlichen. Andere Leitlinien gibt es nur auf den Websites der Fachgesellschaften. Ein sehr schönes Beispiel ist hier wieder die Leitlinie für die Nierensteine. Die europäische Leitlinie erschien bis vor drei Jahren immer parallel im europäischen Journal und auf der Website. Mittlerweile erscheint sie nur noch auf der Website, damit aber auch sehr viel schneller.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Was ist denn mit Registern, beispielsweise für Implantate? Gehören die auch in den Bereich der veröffentlichten Daten.
Prof. Michael Imhoff: Auf jeden Fall. Gerade für Implantate sind das sehr sehr wichtige Datenquellen, weil es sind eigentlich die einzigen auch unabhängig auszuwertenden Datenquellen für sehr lange Beobachtungsdaten. Wir haben ja gerade bei den Gelenkimplantaten die Herausforderung, dass wir relevante Unterschiede zwischen einzelnen Implantat-Typen bei Standzeiten von jenseits zehn Jahren überhaupt erst dann beobachten können und das dieses in normalen Studien nicht abzubilden ist. Dafür sind eben diese Register ganz hervorragend und da können wir auch davon ausgehen, dass wir da in Zukunft viel mehr Daten haben, weil es viel mehr Länder gibt oder eine zunehmende Anzahl von Ländern gibt – wie zum Beispiel auch Deutschland – wo mittlerweile für bestimmte Implantat-Typen Register verpflichtend sind.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Passt denn in dieses Muster auch ein Studienregister wie ClinicalTrials.gov oder wie würde das einsortiert bei klinischen Daten?
Prof. Michael Imhoff: Ja, ABER …. in Studienregistern sind Studien registriert, entweder welche, die geplant sind, welche die laufen oder vielleicht auch welche, die abgeschlossen sind – irgendwann sind alle Studien theoretisch abgeschlossen. Sie sind immer noch im Studienregister, aber in der Regel findest du da keine Daten. Obwohl es eigentlich gute Praxis wäre, dort die Daten zu publizieren. Für die meisten Medizinprodukte würde ich deshalb sagen, sind die Studienregister nicht besonders hilfreich. Da muss ich einfach auf publizierte oder nicht publizierte Studiendaten zurückgreifen. Ich will ja die Ergebnisse der Studien, nicht die geplanten Studien. Wenn ich aber zum Beispiel ein ganz neues Produkt habe oder PMCF-Studien plane, dann ist es schon sehr hilfreich zu wissen, was es überhaupt in diesem Feld an laufenden Studien gibt und deshalb würde ich sagen: Ja, in die Studienregister sollte man rein gucken, aber für die meisten Produkte ist das meiner Meinung nach nicht sehr hilfreich.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Sie liefern keine klinischen Daten, wären also besser geeignet um die Qualität von Publikationen nachträglich zu beurteilen? Ob sie damals in einem der Studienregister aufgeführt wurden?
Prof. Michael Imhoff: Ja, damit kommen wir jetzt aber zu einer Diskussion, die nicht ganz aggressionsfrei zu führen wäre.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Okay, bevor wir in diesen Teil eintreten … Wie ist das mit Behördenmeldungen? Auch das kann ja insbesondere für die Sicherheit neben meinen eigenen Daten wichtig sein. Wo kann, wo muss ich sogar gucken, wenn ich eine klinische Bewertung schreibe?
Prof. Michael Imhoff: Die Behördenmeldungen sind ganz ganz wichtig. Wir sind ja gefordert, auch Vigilanzdaten oder überhaupt Ereignismeldungen von ähnlichen oder äquivalenten Produkten heranzuziehen und in der Regel haben wir ja keinen Zugriff auf die internen Vigilanzdatenbanken der jeweiligen Hersteller. Das heißt, wir sind darauf angewiesen zu schauen, was gibt es an Meldungen in den öffentlich verfügbaren Datenbanken. Die mit Abstand besten Datenbanken sind die von der FDA – da haben wir zum einen die Ereignisdatenbank MAUDE, wo ich wirklich alle der FDA gemeldeten Vorkommnisse zu verschiedenen Produkten in Kurzform finden kann, und zum anderen die Recall-Datenbank. Solche entsprechenden Datenbanken, was die Ereignismeldungen angeht, gibt es öffentlich nur bei der FDA. Das ist zum Beispiel etwas, was ich meine, was uns in Europa extrem fehlt – und das wird sicherlich auch noch eine Zeitlang dauern, bis wir zum Beispiel mit EUDAMED soweit sind. Und dann gibt es noch die Meldungen von Rückrufaktionen, von Warenhinweisen, die in den Datenbanken der jeweiligen Behörden sind. Da würde man jetzt als deutscher Hersteller typischerweise eben das BfArM abfragen und die deutschsprachigen und die englischsprachigen Datenbanken. Neben MAUDE wäre das die englische MHRA, die australische TGA, evtl. Health Canada und als deutschsprachige noch Swissmedic zusammen mit dem BfArM. Damit würde man dann auch einen relativ guten Überblick über vor allen Dingen Rückrufaktionen bekommen, wobei man auch davon ausgehen kann, dass man eigentlich alle wesentlichen Rückrufaktionen auch in allen Datenbanken finden wird.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Daneben gibt es ja noch Firmenmitteilungen. Kann man da klinische Daten draus ziehen oder wartet man, bis die richtige Studie veröffentlicht worden ist?
Prof. Michael Imhoff: Ich würde darauf warten, dass die richtige Studie veröffentlicht wurde, weil gerade Firmenmitteilungen zu Studien einen Marketingaspekt haben – der ja auch völlig in Ordnung ist. Bloß da wird unter Umständen das Negative vielleicht mal nicht ganz so bewusst beschrieben – und da müsste man sich schon die komplette Studie angucken, um zum Beispiel die Methodik zu verstehen. Und was zum Beispiel Firmenmitteilungen zu Sicherheitsaspekten, wie Rückrufaktionen und so weiter, angeht, die werde ich auch auf jeden Fall in den öffentlichen Datenbanken finden.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Bleibt nur noch das Unveröffentlichte, also das, was als Complaints in meiner eigene Firma reingekommen sind, meine eigenen klinischen Studien …
Prof. Michael Imhoff: Ganz, ganz wichtig. Und das lässt auch keiner unter den Tisch fallen – darf auch keiner unter den Tisch fallen lassen. Einmal ist natürlich – und das gilt für alle Produkte – die eigene Complaints-Datenbank, also die Post-Market Surveillance für die eigenen Produkte, grundlegend für eine vollständige Auswertung. Da habe ich natürlich auch den vollständigen Zugriff. Und dann natürlich, wenn ich eigene Studien mit dem Medizinprodukt durchgeführt habe, dann muss ich die auch inkludieren, selbst wenn ich sie vielleicht nicht inkludieren wollte, weil sie evtl. nicht so tolle Ergebnisse gebracht haben. Aber ich muss ja in meiner klinischen Bewertung alle positiven und auch die negativen Aspekte berücksichtigen.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Verzerrungsfrei …
Prof. Michael Imhoff: Genau!
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Ich habe bei den ganzen Aspekten, die wir jetzt zum Schluss besprochen haben – also Complaints-Datenbanken, eigene und veröffentlichte Daten – einen starken Bezug auch immer zum Risikomanagement. Das heißt, hier muss sich der Autor der klinischen Bewertung mit dem Risikomanager abstimmen, damit nicht aus Versehen in der klinischen Bewertung ein Risiko besprochen wird, was nicht im Risikomanagement-Bericht auftaucht?
Prof. Michael Imhoff: Ja, denke ich schon. Sagen wir mal so: Der Autor der klinischen Bewertung kann dem Risikomanager nicht den Gefallen tun, und die Publikation unter den Tisch fallen lassen. Aber natürlich ist es so, wenn ich jetzt irgendetwas in der Bewertung der klinischen Daten finde, was auf ein Risiko hindeutet, ich dann natürlich in die aktuelle Risikoanalyse hineingehe und schaue, ob das Risiko bewertet ist. Meist ist das Risiko bewertet – und damit ist der Fall für mich erledigt. Wenn es neue Aspekte gibt, ein neues Risiko oder das zum Beispiel eine … Maßnahme (25:57) nicht gegriffen hat in der klinischen Anwendung, dann muss man das mit dem Risikomanagement besprechen und dementsprechend würde man auch im Rahmen der Erstellung der Literaturrecherche und der Auswertung der Literatur auch einen – manchmal separaten – Bericht zu den sicherheitsrelevanten Literaturergebnissen machen.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Sicherheit und Leistungsfähigkeit – darum geht es ja am Ende immer in der klinischen Bewertung. Wenn wir nochmal den Aspekt der Leistungsfähigkeit, des Nutzens aufgreifen, und uns fragen: Wir haben jetzt ganz verschiedene Quellen von klinischen Daten kennen gelernt … haben alle die gleiche Bedeutung oder unterscheiden sie sich in Ihrer Gewichtung, in ihrem Beitrag zu dem, was ich zeigen will?
Prof. Michael Imhoff: Also wenn wir sagen, dass die klinische Bewertung eigentlich eine systematische Suche, Analyse und Bewertung von klinischen Daten aus verschiedenen Quellen ist, dann sind wir eigentlich bei dem gleichen Anspruch, wie bei einem systematischen Literatur-Review. Es ist ein systematisches Literatur-Review, was darüber hinaus geht, weil wir eben auch andere Datenquellen nehmen. Da müssen wir natürlich die Daten, die wir haben, entsprechend ihrer Wertigkeit bewerten. Ein Beispiel: Eine große Vergleichsstudie, ein randomized controlled trial mit sauberer Verblindung, mit langer Nachverfolgung, mit klaren Ergebnissen hat natürlich eine sehr viel höhere Kraft der Evidenz, ein Niveau der Evidenz, als beispielsweise eine Beobachtungsstudie mit 20 Patienten in einem Kollektiv, was nicht repräsentativ für mein Medizinprodukt ist.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Und dann ist der Autor der klinischen Bewertung in der blöden Situation oder herausfordernden Situation, zu sagen, welchen Grad an Evidenz brauche ich denn, um meine Aussagen zu untermauern. Kann man ihm da irgendwas abnehmen oder hängt das so sehr vom Produkt ab?
Prof. Michael Imhoff: Es hängt auch vom Produkt ab. Aber man kann grundsätzlich erst mal sagen: Es gibt klare Bewertungskriterien für den Evidenzgrad von Literatur. Da gibt es verschiedene Schemata, da sollte man sich eines von den validierten Schemata, die in der Literatur publiziert sind, suchen, mit dem man gut arbeiten kann, die auch für die Studien, die man heranziehen will, gut handhabbar sind. Dann wird man natürlich sagen, ich schaue eben nach möglichst hoher Evidenz. Man muss ganz klar sagen: Wenn ich jetzt zum Beispiel – das ist häufig bei kardiovaskulären Erkrankungen, also bei häufig vorkommenden Erkrankungen, wo wir auch extrem viel Literatur haben – schon eine große Anzahl von hochwertigen Metaanalysen habe, dann würde ich die heranziehen und das als meine Basis für meine klinische Bewertung heranziehen. Wenn ich aber jetzt zum Beispiel irgendein Produkt habe, was eine Nischenanwendung ist, was auch keine Ultrahoch-Risiko-Nischenanwendung ist oder was auch wissenschaftlich nicht besonders spannend ist, dann werde ich häufig eben keine RCT´s haben, dann werde ich keine großen Metaanalysen mit tausenden von Patienten haben. Da muss ich nehmen, was ich habe, und gucken, ob ich mit dem, was ich habe, auch wirklich die Nachweise führen kann. Ich habe ja auch noch immer die Nachweise der Leistungsfähigkeit, der Sicherheit aus den präklinischen Daten, also aus meiner Verifizierung und Validierung und aus meinem Risikomanagement.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Beim erforderlichen Grad der Evidenz, das heißt, je nachdem wie die Risikoverteilung ist, wie breit mein Produkt aufgestellt ist, danach werde ich unterschiedliche Daten haben und als Hersteller komme ich möglicherweise irgendwann an den Punkt, dass ich sagen muss, leider reichen die ganzen vorhandenen Daten nicht aus, dann bin ich in der eignen klinischen Prüfung – das ist aber außerhalb des Bereichs, den wir hier besprechen – die werde ich dann, wenn sie fertig ist, als klinische Daten in meine klinische Bewertung zu einem späteren Zeitpunkt aufnehmen?
Prof. Michael Imhoff: Genau! Für den Evidenzgrad kann man einfach sagen: Man soll immer das beste nehmen, was man bekommen kann. Aber wenn es eben nicht Evidenzgrad Level 1 ist, heißt das nicht, dass ich nicht auch eine klinische Bewertung auf der Basis der Literatur durchführen kann. Ich muss nur eben immer sehr gut argumentieren, warum ich welche Daten heranziehe und warum ich welche Daten nicht benötige. Also warum brauche ich zum Beispiel keine Daten aus einer eigenen Zulassungsstudie?
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Weil hinreichend Daten aus anderen, möglicherweise äquivalenten Produkten zur Verfügung stehen.
Prof. Michael Imhoff: Genau. Und das ist auch einer der Gründe, warum wir immer empfehlen, dass man mit der klinischen Bewertung, vor allen Dingen auch mit der Literaturanalyse, relativ früh im Entwicklungszyklus eines Medizinproduktes anfängt – das ist ja auch eigentlich so vorgeschrieben seit der Revision 4 – und dann beurteilt, was habe ich an klinischen Daten und was benötige ich noch an klinischen Daten. Brauche ich unter Umständen sogar eine eigene Studie? Das hilft auch sehr stark, dass Projektrisiko eines Entwicklungsprojektes besser einzuschätzen.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Und das sollte ich am besten dann tun, wenn ich meine Produktanforderungen formuliert habe und sobald ich weiß, wie ich es technisch umsetzen will, weil ich bestimmte Risiken und Leistungsaspekte ja nur anhand der technischen Umsetzung beurteilen kann? Wenn jemand zum Beispiel auf die Idee käme, ein neues Beatmungsgerät auf den Markt zu bringen, was eine super Synchronisation zwischen Gerät und Patient möglich macht, ich aber dazu leider eine Nadel ins Zwerchfell stechen muss, um die Muskelaktivität abzunehmen, dann wäre es gut, wenn ich mir über die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit dieses Produktes frühzeitig anhand der klinischen Daten Gedanken gemacht habe?
Prof. Michael Imhoff: Richtig. Und das ist auch der Grund, warum wir bei manchen Kunden auch schon klinische Bewertungen in der Vorentwicklung geschrieben haben und damit dann für Produkte, die unter Umständen erst in 5 Jahren auf den Markt kommen sollten, feststellen konnten, ob wir eine klinische Prüfung benötigen oder nicht. Und die dann eben auch, wenn man sich dazu entscheidet, rechtzeitig auf den Weg bringen kann, damit auch die Markteinführung im Rahmen des Zeitplans erfolgen kann.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Und dann wären wir ziemlich nah an dem Clinical Development Plan, etwas was uns ja die MDR neu beschert hat. Aber außer, dass dieser Begriff genannt ist, noch nicht besonders mit Leben gefüllt ist ...
Prof. Michael Imhoff: Richtig.
Dr. Jens-Uwe Hagenah: Michael, vielen Dank für die Erläuterungen zu dem Thema „Welche Quellen kann ich nutzen?“. Beim nächsten mal wollen wir drüber sprechen, wer das denn eigentlich machen soll, mit welchen Qualifikationen muss diese Person ausgestattet sein? Für heute erst einmal recht herzlichen Dank fürs Zuhören und wir hoffen, es war hilfreich.
Prof. Michael Imhoff: Vielen Dank! Es hat mich auch sehr gefreut und ich freue mich, wenn wir uns wieder sprechen!
Unsere Expertenreihe geht weiter
Seien Sie gespannt auf den nächsten Teil unserer Reihe. Wir drehen weitere Videos, in denen wir zahlreiche Aspekte der unterschiedlichen Medizintechnik-Bereiche für Sie beleuchten werden. Denn es gibt noch einiges, was Sie über klinische Bewertung und Co. wissen sollten. Freuen Sie sich darauf.
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